Dienstag, 3. Januar 2012

Australia 2.0 - Seventh Week - 26/12/2011 - 01/01/2012 - Port Augusta - Sydney


MONTAG 26/12/2011

Volle Kraft voraus. Nachdem wir nun in Port Augusta sind, liegen jetzt noch weitere 1500 Kilometer vor uns, die wir in 1,5 Tagen bestreiten werden. Da gibt es dann nicht „Oh du Fröhliche“ oder Jingle Bells“ zu hören, sondern eher „Fahrn fahrn...fahrn auf der Aubahn...ride on“ oder Jingle Bells Jingle Bells […] oh what fun to distance ride in the Outback open slay.“ Na oder so ähnlich.

Erst einmal ging es noch Postkarten drucken. Nachdem wir mitbekommen haben, dass viele der Karten nicht in den Deutschen Gefilden angekommen sind, mussten wir ja für Nachschub sorgen. Denn scheinbar sind mal wieder einige Karten auf dem Weg nach Deutschland verschollen. Sowohl bei meiner gewählten "günstige" Variante mit den Airmail Briefmarken, die man kostenlos in allen Postfilialen bekommt, als auch bei Müschas "herkömmlichen" Briefmarken für 1,60 Dollar Variante. Müscha ärgert sich natürlich mehr darüber, denn er hatte gedacht, dass die definitiv ankommen. Ich hatte mit ein bisschen Ausschuss gerechnet. Naja, nun liegen 100 Postkarten vor uns und ich hoffe, dass 80 Prozent auch ankommen. :-) Also ab in den Big W und drucken.

Wieder gut bestückt mit Karten, fuhren wir noch einmal in die Sendezentrale McDonalds. Da wir eine Weile out of order waren, hielten wir es für besser, mal zu Hause Bescheid zu geben, dass es uns gut geht. Natürlich gingen wir davon aus, dass es hier wie leer gefegt sein würde. Aber denkste Puppe. Als wir auf den Parkplatz der Burgerbraterei fuhren, war hier fast jede Parkbucht belegt und wir fanden fast keinen Parkplatz. Interessant. Was macht also ein Aussie am zweiten Weihnachtsfeiertag? Genau, er ist entweder zu faul zu kochen und rennt zu McDoof oder hat vielleicht seinen Kindern einen McDonalds Gutschein geschenkt. Na wie auch immer, auf jeden Fall war der Laden für unsere Verhältnisse eindeutig zu voll. Ein echtes Trauerspiel. Spätestens jetzt wussten wir, Weihnachten auf Australisch ist nichts für uns.

Da freue ich mich gleich doppelt auf Ostern, wenn ich weiß, dieses Fest mit unsere Familien und Freuden verbringen zu dürfen.

Am späten Vormittag entschlossen wir uns, unsere Reise nach Sydney fortzusetzen. Schließlich wollten wir noch ein paar Kilometer reißen. Tja und was soll ich sagen, dann ging´s einfach nur geradeaus und durch die Pampa. Das Highlight – Die Überquerung einer weiteren Grenze. Jetzt befanden wir uns schon in Victoria, wozu z. B. auch Melbourne gehört. Das hieß auch, dass einmal wieder die Zeit umgestellt werden musste und uns ganze 1,5 Stunden gemoppst wurden. Naja, Zeit wird überbewertet und Termine haben wir hier ja nicht. Von daher eigentlich auch egal wie spät es ist. Nur zum Jahreswechsel sollten wir wissen, wie spät es wirklich ist. Wäre doof, wenn wir uns die Fahrerei umsonst angetan hätten.

500 Kilometer weiter fanden wir am Highway dann eine Rest Area. Kurz vor Mildura. Dort machten wir es uns bequem und nahmen endlich unser wohlverdienten Weihnachtsmahl zu uns. Cracker an einer Chicken BBQ Pastete, süß und herzhaft gefüllte Eierkuchen. Total unspektakulär, aber sehr pragmatisch im Outback. So hieß es jetzt also nicht Happy Holidays sondern "Happy Fressidays".

Na dann: Oh du Fröhliche!!!

27/12/2011 DIENSTAG

Mit ordentlichem Wanztrammeln ging´s heute morgen um 6.00 Uhr aus den Federn. Nach 10 Eierkuchen, 500 Gramm Cracker und 125 Gramm Pastete vielleicht auch kein Wunder, wenn der Magen da rebelliert. Meiner tat es zumindest. Naja der Umstieg von Gemüse auf Fleisch und zu viel Brotgedöns war ihm wohl ein wenig zu schnell. Nicht, dass ich die Menge da alleine verdrückt hätte, aber trotzdem für mich zu viel. Und wie war das? Alles mit zu ist dann eben zu viel.

Etwas verkrümmt, stieg ich also aus den Camperfedern, um dann auf dem Fordersitz Platz zu nehmen. Schon jetzt tat mir eigentlich mein Hintern weh und ich hatte keine wirkliche Lust. Heute standen 1000 Kilometer auf dem Programm. Alles kein Problem, aber wenn man bedenkt, wir würden sie bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 90 Km/h zurücklegen, kein Pappenstiel.

Kurz hinter Madura überquerten wir mal wieder die Grenze. Von Victoria ging´s jetzt nach New South Wales, dessen Hauptstadt ja bekanntlich Sydney ist. Tja, da könnte man fast denken, Australien ist voll das kleine Land, sooft wie wir jetzt in den Tagen die Grenzen überquert haben.

Sowie wir aus der Stadt fuhren, wurde es wieder ein wenig ländlicher und überall erstreckten sich Weinfelder und Obstplantagen. Eine herrliche Landschaft und teilweise sieht es so aus, als hätte hier jeder seinen privaten Weinanbau, der sich mal eben im Vorgarten des Grundstücks erstreckt. Natürlich streckten wir gleich unsere Fühler aus. Denn wo Obst an den Bäumen hängt, sind die kleines Obststände nicht weit. Und siehe da.Ein Obststand nach dem anderen und jeder hatte was anderes zu bieten. Unsere Ausbeute: eine Gurke, eine Netzmelone und zwei Kilo Weintrauben und das für grade mal 4,50 Dollar. Man bedenke im Laden wollten die für 1 Kilo Weintrauben bis zu 26 Dollar. Also nur ein kleinerer Preisunterschied, der nicht weiter ins Gewicht fällt.

Leider war das dann für heute auch unser Highlight. Denn außer einer schrecklich schlechten Straße, wenig zu sehen und nen Haufen Schafen war die Fahrt eher langweilig. Kurzweilig war Ken dann auch noch etwas verwirrt, dass er uns komplett durch die Pampa schickte und wir dank der "guten" Straße ordentlich durchgeschüttelt wurden. Also ging´s von einem Schlagloch zum nächsten und wir zirkelten uns die Berg- und Talfahrt irgendwie wieder zurück auf den richtigen Highway nach Sydney. Der war dann dafür 6 mal so breit und mit einer deutschen Autobahn zu vergleichen.

Hui...das wäre also geschafft. Die letzten 350 Kilometer ging es also nur noch auf der Autobahn geradeaus. Weil wir auf den Punk in der Großstadt noch nicht richtig Lust hatten, fuhren wir erst einmal nach Wollongong. Das ist ca. 100 Kilometer vor Sydney und noch etwas kleiner. Trotzdem verfügt Wollongong auch schon über 250.00 Einwohner.

Dort angekommen, gab´s für Trucker Mitschi eine wohlverdiente Dominos Pizza. Anschließend suchten wir uns ein Schlafplätzchen und fielen fix und fertig in die Camperfeder.


28/12/2011 MITTWOCH

Good Morning New South Wales. Erst gegen 10.00 Uhr wachten wir heute so richtig auf. Eigentlich waren wir gestern in der Annahme, dass wir ein lauschiges ruhiges Plätzchen zum Schlafen ergattert hatten. Jetzt bemerkten wir, dass wir wohl "Den" Surfspot Wollongongs erwischt hatten. Schon um 6.00 Uhr hatten wir Autos ankommen hören. Zuerst dachten wir, gleich würde es Klopfen und ein Ranger würde uns mal wieder die Leviten lesen wollen, aber nichts. Deshalb ließen wir uns von der Geräuschkulisse nicht weiter beirren.

Doch als wir gegen 10.00 Uhr hinter unseren Gardinen vor spähten, sahen wir, dass der komplette Parkplatz voll war und wir direkt am Strand standen. Überall hüpften Surfer mit ihren Bretter durch die Gegend und trieben auf dem Meer umher.
Während alle anderen also draußen auf die perfekte Welle warteten, surften wir noch verschlafen durch die Traumwelt.

Nachdem wir uns ein wenig aufgehübscht hatten, kletterten wir aus unserem Camper und frühstückten erst einmal. Wir setzten uns auf unser Bett im hinteren Bereich unseres Campers, machten die Heckklappe auf und beobachteten das rege Treiben der Surfer. Schon ein lässiges Völkchen. Vor allem nicht so gekünstelt. Da will keiner der coolste sein oder lässt den Larry raushängen. Da ist es scheiß egal wie du aussiehst oder was du für ein Brett fährst. Nicht so ein mittlerweile versnopptes Völkchen wie beim Wakeboarden. Und auch wenn ich diesen Sport selbst betreibe, die Leute, die da manchmal sind, könnten sich hier ne Menge abgucken.

Teilweise kamen sogar Leute für gerade einmal eine halbe Stunde hierher. Schön in der Mittagspause ein zwei Wellen geritten und wieder ab ins Büro. Na das nenn ich doch mal lässig.

Wir fuhren jetzt erst einmal wieder ins Zentrum Wollongongs. Unser Kühlschrank lächzte nach Nahrung. Das Schöne. Wir sind wieder in den Aldi Gefilden. Schon 2009 war Aldi die für uns bessere Wahl als Woolworth oder Coles, weil zum einen günstiger und zum anderen bekannte oder bessere Produkte. Herrlich, da kommt doch Freude auf. Und auch jetzt war die Auswahl des Aldis nicht schlecht. Eigentlich fast besser als bei uns vor Ort. Da könnte sich Aldi Nord noch eine Scheibe von abschneiden.

Nun wollten wir noch ein wenig die Umgebung erkunden und fuhren Richtung Süden. Zuerst nach Kiama. Kiama war ein typisches Küstenstädtchen, aber hatte deutlich mehr Charme als Wollongong. Da zur Zeit Ferienzeit ist, sind die Straßen und Plätze so überfüllt, dass es ganz schön anstrengend ist, sich von A nach B zu wälzen. Und Stadt an sich kennen wir ja zur Genüge selbst aus der Heimat.

In Kiama machten wir eine schöne Teepause beim Blowholes Point am Leuchtturm. Dort spukte das Meer wieder Wasser in die Höhe und überall spritzte es herum. Bei einem Teechen und ein paar Nascherein machten wir es neben Jerry gemütlich. Jerry kommt ursprünglich aus der Schweiz und lebt seit den 70ziger Jahren in Australien. Ein total entspannter Typ mit dem wir uns sicherlich eine Stunde unterhielten. Er gab uns noch ein paar Tipps zum campen und zum Duschen und so waren wir für heute Abend bestens gewappnet.

Nachdem wir uns Kiama ein wenig anguckten, fuhren wir weiter nach Shelllhabour. Auch so ein verschlafenes Küstenörtchen, das gerade in der Urlaubszeit zu Hochtouren auffährt. Trotzdem behält es seinen Charme und ist total niedlich.
Direkt am Meer ist gleich ein Pool angeschlossen und es gibt sogar warme Duschen. Und der Blick vom Strand auf die Küste ist herrlich. Gleich in der Nähe suchten wir uns ein Schlafplätzchen und ließen den Tag ganz entspannt ausklingen.


29/12/2011 DONNERSTAG

Auch heute starteten wir den Tag ganz entspannt und ließen uns von der inneren Uhr wecken. Das viele Fahren durch die Pampa hatte uns ganz schön geschlaucht.
Um die Muskeln und die Glieder aber wieder ein wenig zu lockern, schwang ich mich in meine Laufsachen und erkundete zu Fuß erst einmal die Gegend.

Am Pool traf ich mich mit Müscha und wir frühstückten direkt am Meer. Wieder hatten wir einen herrlichen Ausblick. Surfer, Schwimmer, das Meer, kleine Schiffe, die umherwippten und uns beide. Schon sehr entspannt. Da wird einem klar, was das Leben so lebenswert macht und wieso man sich so manche Strapazen antut.

Ein wenig melancholisch wurde uns heute schon zu Mute, denn jetzt wo sich unsere Reise in den letzten Zügen befindet, wird uns klar wie schnell schon wieder die Zeit vorbei gezogen ist und dass es bald wieder nach Hause gehen würde.

Klar, nicht direkt. Uns erwartet ja noch ein weiteres Abenteuer in Thailand. Aber für einen Moment wurde uns bewusst, dass wir Australien wahrscheinlich für die nächste Zeit erst einmal nicht so schnell wieder zu Gesicht bekommen würden. Komisch. Eigentlich undenkbar, denn noch immer fühlen wir uns dem Land sehr verbunden. Obwohl wir diesmal öfter bemerkten, dass auch hier nicht alles Sonnenschein ist.

Ein wenig in Gedanken schlängelten wir uns später langsam an der Küste entlang. Immer Richtung Sydney. Ab und an hielten wir an, unternahmen kleine Spaziergänge und fuhren weiter.

Ca. 60 Kilometer vor Sydney landeten wir an einem Aussichtspunkt, der scheinbar auch bei Drachenfliegern sehr beliebt ist. Überall waren die kleinen Flieger zum Start bereit und ihre "Piloten" stürzten sich allein oder als Tandem in die Tiefe. Müscha und ich hatten die beste Parklücke erwischt und könnten bei einem kleinen Snack und einem Tee alles gut vom Auto beobachten. Im Auto, weil es draußen schon recht frisch war und teilweise auch einfach zu voll. Denn auch hier bemerkten wir, dass Ferienzeit ist.

In Sydney fuhren wir wieder zum selben Caranvanpark wie schon vor zwei Jahren. Ja, sogar die gleiche Parklücke war noch frei. Schön im Schatten unter einem Bäumchen. Nur einer fehlte. Guido. Guido und sein Transit. Schade, das wäre jetzt wirklich nett.

Gedankenversunken machten wir es uns bei einem Abendessen gemütlich und gingen viel zu spät ins Bett.


30/12/2011 FREITAG

Good morning Sydney. Wohl behütet unter dem Bäumchen am Straßenrand wachten wir nach einer sehr entspannten Nacht auf. Hier hatte es keinen interessiert, dass wir unser Lager hier aufgeschlagen hatten.

Für heute standen nicht viele Dinge auf dem Programm. Wir wollten mit der Bahn nach Sydney reinfahren, um beim Qantas Office vorbei zu schauen und erfragen, ob unsere Flüge um eine Woche später umbuchbar wären. Klar stand auch ein Tänzchen vor der Oper und der Harbour Bridge auf dem Plan. Ansonsten wollten wir es ruhig angehen, denn das "Touriprogramm" mit allem drum und dran, hatten wir ja schon vor zwei Jahren gemacht. Und da wir davon ausgingen, dass die Straßen sicherlich voll wegen der Feiertage sein würden, sparten wir uns das.

Also schnell Stadtfein gemacht und ab zur Railway Station (Bahnhof) nach Rockdale. Diesmal entschieden wir uns für die etwas bequemere Variante. Quasi das Auto in der Nähe der Railway Station abzustellen. Vor zwei Jahren fuhren wir den gesamten Weg von Ramsgate über Rockdale nach Sydney. Aber auf Busfahren hatten wir keine Lust. Und da wir ja auch nicht jünger werden, nahmen wir einfach unseren Privatshuttle nach Rockdale.

Das Parken ging ganz einfach. Dank Park and Ride fanden wir sogar einen kostenlosen Parkplatz. Vor Ort kam uns alles noch sehr bekannt vor und so wussten wir, welchen Zug wir nehmen mussten oder w0 wir unsere Fahrkarten kaufen konnten.

Erstes Ziel war Martins Place in Sydney. Von dort aus konnten wir gut das Büro von Qantas und den Hafen erreichen. Wir liefen durch die Straßen im CBD entlang und die großen Gebäude blickten auf uns herunter. Immer wieder beeindruckend, aber gleichzeitig auch erdrückend. Und noch immer weiß ich nicht, ob ich diese Art der Architektur mag oder nicht. Mir fehlt die Geschichte bei diesen Gebäuden. Sowieso ist der CBD von Sydney auch wieder jeder andere. Riesige Büroklötze, die klinisch aneinander gereiht nicht nur Arbeit in sich bergen, sondern auch nach Arbeit aussehen. Schlips- und Anzugträger, die Tag ein, Tag aus in diese Büroklötze spurten.

Wir machten grade alles andere als spurten. Wir schlenderten eher durch die Straßen auf der Suche nach dem Qantas Office. Doch entweder waren wir blind oder das Büro war umgezogen. Nach einigem hin- und herlaufen, fragte ich in einem Reisebüro nach und man teilte mir mit, dass es kein Qantas Office in der Innenstadt mehr gebe und alles nur noch telefonisch abgewickelt werden würde. Na toll, da hätten wir ja lange suchen können. Mist. Eigentlich war dies mit ein Hauptgrund heute schon in die City zu fahren. Die Frage, die sich uns nun stellte, wie umbuchen? Telefon fanden wir irgendwie doof, aber offenbar sollte es am Flughafen noch ein Büro geben. Naja, was soll´s, das mussten wir später klären. Dann jetzt eben Programmwechsel und gleich zum Hafen.

Am Hafen war es extrem voll und überall tummelten sich Touristentrauben. Zudem liefen überall schon die Vorbereitungen für die morgige Neujahrsfeier. Auch wenn es etwas beklemmendes hatte, mischten wir uns unter die Menschenmassen. Was blieb uns auch anderes übrig. Morgen würde es wahrscheinlich noch voller werden.

Vor der Oper und vor der Harbour Bridge machten wir natürlich unseren obligatorischen Quatsch und wurden von links und rechts etwas ungläubig belächelt. Ja Familie Schmautz muss mal wieder auffallen. Aber wir sagen uns einfach: „Wir sind nicht peinlich, die anderen trauen sich ja nur nicht!“ Und so sieht´s mal aus. Später können wir uns freuen, das wir so viel bunte Knete im Kopf hatten und uns zu diesen Späßen hinreißen lassen haben.

Nachdem wir alles im Kasten hatten, liefen wir noch ein bisschen in den Botanischen Garten rein, der gleich an die Oper anschließt. Wir wollten erkunden, von wo aus man wohl den besten Blick auf das Feuerwerk haben könnte. Laut Internet sollte der Blick von der kleinen Halbinsel im Botanischen Garten wohl ganz gut sein.
Unter einem Bäumchen ließen wir uns aber erst einmal nieder und machten ein kleinen Frühstücks- / Mittagspäuschen.

Nicht nur wir hatten es uns hier bequem gemacht. Überall sprangen kleine spielende Kinder mit ihren Familien herum. Ein sehr entspanntes reges Treiben. Darunter natürlich auch Unmengen von Touristen. Wie uns auffiel ziemlich viele Deutsche und Asiaten. Die Asiaten stachen durch die ein oder andere Unart hervor. Da kann es schon einmal passieren, dass man einfach zur Seite geschubst wird, sie sich vor drängeln, so ziemlich alles fotografieren, was nicht bei drei auf den Bäumen ist und sie irgendwie keine Skrupel kennen, wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse geht.
Die Deutschen treten oftmals im Pulk auf. Schon an der Kleidung erkennt man sie, egal, ob gut oder schlecht angezogen. Man sieht´s ihnen einfach an. Und selbst, wenn sie englisch sprechen, hört man den harten deutschen Akzent bei vielen heraus. Ist mir vor gar nicht so aufgefallen, dass wir Deutschen eine ganz schön harte abgehakte Sprache haben. Aber so ist es scheinbar.

Nach der kleinen Stärkung setzten wir unseren Marsch fort. Jedoch machten wir beide nach ein paar Metern noch einmal halt. Ich für meinen Teil hatte innerlich schon entschieden wieder zurück nach Ramsgate zu fahren, weil die Zeit schon etwas fortgeschritten war und wir noch für Müscha ein neues Mützchen shoppen mussten. Und da die normalen Geschäfte ja spätesten um 17.00 Uhr dicht machen, nicht mehr so viel Zeit. Außerdem war ich schlapp, denn die Sonne brannte heute mal wieder besonders fies.
Müscha schien ähnliche Gedanken wie ich zu haben. Und gut, dass wir beide noch einmal darüber sprachen als für den anderen zu denken und einfach weiter zu laufen. Ja, Kommunikation ist eben alles. Also beließen wir es bei der Erkundungstour und warfen nur einen Blick aus der Ferne auf die Halbinsel.

Jetzt hieß es Vorbereitungen treffen, damit die Sause morgen auch steigen konnte. Und dazu brauchten wir ja noch ein paar Utensilien.
Ganz oben auf der Liste stand besagte Mütze für Müscha, dann natürlich ein Festessen und das nötige Verpackungsmaterial, damit dieses auch frisch bleibt. Denn schließlich würden wir morgen irgendwo 14 Stunden warten müssen. Und ansonsten hatten wir eigentlich schon alles. Naja, brauchten ja auch nicht viel.

Also ging´s mit der Bahn wieder zurück nach Rockdale und von Rockdale mit dem Fucy in eine Shoppingmal. In einem typischen Surferladen fanden wir Gott sei Dank ein passendes Mützchen für Müscha. Der Tag morgen war damit schon einmal gerettet. Denn Sonnenbrand auf dem Kopf ist nicht so schön. Aber dank Mütze gar keine Rede mehr wert. Danach ging´s in den Aldi und wir versuchten uns ein Schmautzisches Festmahl zu gestalten. Mit verschiedenen Dipps und Cracker, Käse, Brot, Obst und Gemüse deckten wir uns ein und die Chance morgen zu verhungern wurde so minimalisiert.

Nachdem wir für den morgigen Tag alles zusammen hatten, versuchten wir jetzt noch via Internet unsere Flüge umzubuchen. Laut Qantas´ Warteansage sollte das wohl auch möglich sein, doch entweder waren wir zu doof oder dieser Service stand uns nicht zur Verfügung. Wie auch immer, wir bekamen es nicht hin. Naja, dann eben nicht. Via Telefon klappte es dann schon besser, so dass wir jetzt erst am 16/01/2012 Richtung Thailand weiter ziehen und am 07/02/2012 uns wieder in den Deutschen Gefilden einfinden.

Wieder in Ramsgate parkten wir vor´m Caravanpark ab und genossen eine erfrischende Dusche. Danach gab´s ein kleines Happerchen und dann ging´s auch schon in die Federn. Morgen würde es sicherlich ein wenig anstrengender werden. Auch wenn wir den Tag mit Warten, Nichtstun und langweilen verbringen würden. In sengender Hitze sicherlich kein Spaß!

31/12/2011 SAMSTAG

Hui, dann wollen wir es mal heute so richtig krachen lassen. :-) 7.30 Uhr klingelte der Wecker und ich stand als erstes auf. Erst einmal machte ich mich Silvesterfein. Obwohl das gar nicht so lange dauerte. Naja, war ja auch nicht mit groß Anmalen oder besonderen Frisuren verbunden. Einfach rein in meine lila-rosa-weiß Kombi, Haare eingedreht und eins, zwei fix fertig.

Danach ging´s ans Brote schmieren. Und das war nicht grade wenig. Denn wenn zwei Fressraupen wie wir sich langweilen, kann schon mal das ein oder andere vertilgt werden. Um die Sandwiches kühl zu halten, behalf ich mich mit einem kleinen Trick meines Papas.
Schon gestern überlegten wir eine Kühlbox zu kaufen, hatten aber nicht wirklich Lust mit so viel Gepäck durch die Gegend zu latschen. Gott sei Dank erinnerte ich mich wie mein Papa das teilweise früher machte, wenn wir einen Tag am See verbrachten. Er wickelte die Brote zuerst in Alufolie und dann in Zeitungspapier ein. Deshalb schickte ich Müscha gestern Abend auch noch einmal los, um uns eine Zeitung zu besorgen.

Müscha war nun auch wach und mit Trick 17 meines Dads packten wir also die kleinen Stullenpackete. Ich schmierte, Müscha packte. Gestern Abend hatte ich schon eine große Portion Möhrensalat vorbereitet, der nur noch eingepackt werden musste. Für zwischendurch schnitt ich noch weiteres Gemüse und Obst auf, in der Hoffnung die Ladung an Essen würde langen. Aber die Dipps und die Cracker hatten wir ja auch noch. Für mich gab´s noch kleine abgepackte Zuckerbomben, portioniert damit ich nicht wieder alles auf einmal einatmen würde.

So, dann verstauten wir Foto- und Technikausrüstung mit dem ganzen Essen und die Reise konnte losgehen. Punkt 9.00 Uhr standen wir pünktlich auf dem Bahnhof in Rockdale. Das Auto hatten wir wieder auf dem Park and Ride Parkplatz abgestellt.

Wir stiegen wieder Martins Place aus und liefen direkt zum Botanischen Garten. Nach einigen Verwirrungen (in der Nacht hatte man den kompletten Botanischen Garten abgesperrt) fanden wir dann auch die richtige Route zum Eingang, um an den Mrs Macquaries Point zu gelangen. Dort angekommen, traf uns regelrecht der Schlag. Klar hatten wir damit gerechnet, dass wir sicherlich nicht die einzigen sein würden, die schon früh hier her kommen, aber dass es gleich Tausende sind, damit hatten wir nicht gerechnet. Vor uns eröffnete sich eine mega lange Schlange, die sicherlich insgesamt 500 -800 Meter lang war und in ihr unzählige Menschen standen.

Wir guckten uns beide an und verstanden uns in diesem Moment wortlos. Das war gar nicht unser Fall. Mit Stress ins Neujahr und das wartend in einer Schlange. Pfui...schon der Gedanke allein, da kräuseln sich doch einem die Fußnägel hoch. „Und was hast du so gestern gemacht?“ „Ach ich hab in einer Schlange vor dem Botanischen Garten gestanden und als ich dann dran war, war Einlassstopp...!“ Ohh, nee, alles, aber nur das nicht. Aber das konnte ja wirklich passieren.
Kurzum cancelten wir das Unterfangen Sydney New Years Eve und Botanischer Garten und gingen entgegen der Menschenmassen wieder zurück. Doch wohin zurück? Hatten wir Alternativen? War es das sowieso alles wert? Hatten wir uns so auf Silvester in Sydney gefreut, dass die Erwartungen schon wieder viel zu hoch waren und wir eigentlich nur enttäuscht werden konnten?

Hmm...etwas ratlos gingen wir erst einmal wieder zurück zum Martins Place und waren nahe dran wieder zurück nach Ramsgate zu fahren. Denn dort hatte man auch einen wunderbaren Blick auf die Skyline von Sydney. Die Frage, was für eine Stimmung würde da herrschen. Mit Sicherheit war das die entspanntere Alternative. Kein Stress, keine Menschenmassen, kein Warten. Aber schmeckte uns diese Alternative? Fast waren wir schon wieder durch die Schleusen zum Bahnsteig als wir doch noch einmal inne hielten.

Keine Ahnung warum, irgend etwas hielt uns ab wieder zurück zu fahren. Mit Sicherheit auch die Annahme, irgend etwas verpassen zu können. Die Frage war nur was? Aber nun waren wir ja schon in der Stadt. Es war gerade einmal kurz nach 10.00 Uhr und Ramsgate würde uns ja nicht weglaufen. Also drehten wir uns um und gingen erst einmal wieder aus dem Bahnhof raus. Dabei erspähten wir einen McDonalds und der kam uns ja wie gerufen. Denn vielleicht konnte uns ja das Internet mit ein paar Infos weiterhelfen.

Gesagt getan. Also gab´s erst einmal einen Flat White zum wach werden und zur Motivation und wir nahmen die Suche nach Tipps zu guten Lookouts für das Feuerwerk auf.
Sicherlich waren wir innerlich noch ein wenig enttäuscht, dass unser Vorhaben nicht geklappt hatte, so waren wir jetzt aber völlig ohne Erwartungen und sagten uns: „Wenn alle Stricke reißen, fahren wir eben nach Ramsgate und feiern vor den Toren von Sydney!“

Wir vertrödelten beim Burgerbrater sicherlich zwei Stunden und machten uns erst gegen 12.00 Uhr zu einem neuen Versuch auf. Diesmal liefen wir zum Hafen, Richtung Harbour Bridge und Oper. Vielleicht gab es die Möglichkeit von der Oper aus oder vor der Harbour Bridge das Spektakel beobachten zu können. Den Bereich vor der Oper hatte man schon weit vorher abgezäunt und auch hier bildeten sich schon erste Schlangen. Schon der Anblick verursachte bei uns wieder einen Würgreiz und wir drehten auf der Stelle um. Also andere Richtung – Harbour Bridge.

Schon einige Meter weiter fanden wir ein erstes Plätzchen und waren begeistert wie schnell das ging. Ich setzte mich erst einmal hin und blieb mit dem Gepäck zurück und Müscha ging noch ein paar Meter weiter, in der Hoffnung einen noch besseren Platz zu ergattern. Wenig später kam er zurück und gab einen Lagebericht ab. Scheinbar gab es Plätze am "The Rocks" direkt vor der Harbour Bridge. Zwar würde dies bedeuten die nächsten 12 Stunden auf harten Treppe aus Stein zu sitzen, aber der Blick würde einmalig sein.

Also packten wir unsere Habseligkeiten wieder zusammen und liefen in Richtung Harbour Bridge. Und hier war noch alles sehr entspannt. Keine Menschenmassen, keine Schlangen und...freie Plätze. Wir suchten uns Plätze oberhalb der Treppe und machten es uns halbwegs bequem. Leider hatte der Platz zwei Haken. Zum einen saßen wir in der prallen Sonne und mussten höllisch aufpassen nicht zu verkohlen und zum anderen hatte wir echt "nette" Nachbarn. Nennen wir sie doch einfach Ingo und Bianca. Und zusammen sind sie wahrscheinlich "Bingo" – das dynamische Duo...muahhh! Wobei beide nicht grade die Inkarnation von Dynamik waren, denn der Rumpf der beiden spiegelte etwas anderes wieder. Aber wer wird denn hier auf Äußerlichkeiten achten. Naja, dazu gleich mehr.

In den nächsten Zeilen wird demnach unser Bingo Entertainment Programm geschildert, das auch einer Fallstudie gleichen könnte. Also, dann wolln wa mal!

Ingo, Mitte 30, vom Typ her auf den ersten Blick ein...ja wie soll man sagen. Naja, frei raus...ein Unsympath. Gibt man ihm eine Chance ist er bis zur Brust nicht mal mehr unattraktiv. Der Rumpf und seine weitere Gestalt sprechen jedoch Bände und sein Silberkettchen, was ihm um den Hals hängt und seine Jogginghose relativieren die scheinbare Attraktivität und man stellt fest, dass es sich hier um eine Täuschung handelt. Aber wie meinte die Mutti immer: „Kind lass dich nicht von Äußerlichkeiten täuschen!“ Okay, dann geben wir Ingo mal eine Chance bei seinen charakterlichen Eigenschaften.

Ingo ist zwar der englischen Sprache nicht sonderlich mächtig, ist sich dem aber nicht bewusst. Im Gegenteil, er scheint davon überzeugt zu sein, nahezu perfektes Englisch zu reden. Jetzt könnte man beschützende Worte äußern wie: „Ach lass den doch reden, stört doch keinen!“ Leider ist diese Selbstüberschätzung gepaart mit einem hohen Mitteilungsbedürfnis, so dass es dann doch etwas nervig wird. Unsereins erwischt sich dabei, immer wieder Wortfetzen von ihm einzufangen und sich zu wundern, was der Mensch da eigentlich von sich gibt. Denn Ingo ist nicht irgend so ein Ingo. Ingo ist die besondere Spezies, die alles kann und alles weiß und das auch noch 1000 Mal besser als sein Gegenüber. Er hat auch schon alles gesehen und hat auf alles einen Rat, eine Antwort oder eine Hilfestellung oder ein Argument. Egal was es ist. Ingo weiß es eh besser oder hat zumindest gedacht, es besser zu wissen.

Seine äußere Schale, gepaart mit dieser enormen Selbstüberschätzung und dem Hauch von „Junge, du nervst“ komplettierten diesen relativ attraktiven Jungen Mann aber noch nicht. Ingo ist zudem auch noch Nerd. Foto Nerd. Auch bei diesem Thema weiß er so ziemlich alles und wirft mit Fachbegriffen um sich herum, egal ob es einer wissen will oder nicht. Mit Blick auf Müschas Stativ ist der erste Kontakt also leicht gemacht und der Junge faselt was von blauen Stunden und Feuerwerk, Verschlusszeit und irgendwelchen Pipapo. Aha, na jetzt ist ja alles klar.

Der Foto Nerd Ingo bekundet auch mehrmals, dass er schon über 20 Bücher über die Fotografie und seine Technik gelesen hat und räumt hier sogar einmal einen Hauch von Schwäche ein. Denn auch nach 20 Büchern wüsste er noch nicht alles über Kameras. Ohh mein Gott. Ingo scheint mit dem Kopf zu fotografieren und nicht mit dem Herzen.

Müscha ist mit Sicherheit auch ein kleiner Foto Nerd, aber einer mit Herz und nicht alles, um jeden Preis. Vor allem ein bescheidener liebevoller Foto Nerd. Fast ein wenig zu bescheiden. Müscha fotografiert mit Liebe und Passion. Ingo mit einer Kamera und Wissen aus 20 Büchern. Er kennt sich mit Sicherheit bestens mit seiner Kamera und der Technik aus, hat aber mit Sicherheit keine Intuition, die man dafür eindeutig benötigt. Da kann so ein Ingo Foto Nerd die teuerste Technik haben (die hat er natürlich auch), ein passionierter liebevoller Müscha Foto Nerd wird trotzdem die besseren Bilder schießen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Bianca ist auch geschätzte Mitte 30, wirkt aber wesentlich älter, sie ist etwas untersetzt, aber nicht dick, ein kleines Bäuchlein, das sicherlich auf die Gemütlichkeit der Beiden und wenig Bewegung zurückzuführen sein könnte. Ansonsten ist sie die "Ruhige" von beiden und eher unauffällig. Als wir ankommen, sitzt sie dick eingemummelt in Tücher und Pullover, um sich vor der Sonne zu schützen. Sie scheint die clevere von beiden zu sein, denn Ingo scheint die Sonne völlig unterschätzt zu haben und sieht schon jetzt um 12.00 Uhr aus wie ein Krebs, der zu lange gekocht wurde. Naja die Sonne unterschätzt, sich überschätzt. Zurück aber zu Bianca. Bianca sagt sonst nicht viel, ab und an supportet sie Ingo und wirft kleine Wortfetzen ein. Ansonsten sitzt sie da und man kann sie eigentlich erst einmal nicht genau einschätzen.

Als wir an den Treppen vor der Harbour Bridge ankommen, ist Ingo schön völlig in seinem Element. Er quatscht die Leute zu. Gerade müssen zwei arme Schweizer dran glauben. Während wir es uns erst einmal gemütlich und halbwegs bequem für die nächsten Stunden machen, sülzt Ingo die armen beiden regelrecht zu. Dabei steht er vor Ihnen und posiert dabei, als wäre er King Lui.
Müscha und ich gucken uns nur etwas verstört an und denken uns unseren Teil.

In der nächsten Stunde dürfen wir also Hautnah bei einer Endlosschleife Ingo dabei sein. Großartig. Und was der Junge alles weiß. Großbrüstig steht er vor den beiden Schweizern und labert sie mit Dingen zu, wo sich unsereins fragt, wer das eigentlich wissen will und ob er eigentlich selbst weiß, was er da für einen Kack redet. Fremdschämen ist gar kein Ausdruck für das, was Müscha und ich gerade fühlen.

Warum auch immer, ich bin ja der Meinung es lag an Ingo, verlassen die Schweizer ihre Plätze mit der Begründung, sie wollen noch einen besseren Platz suchen. Ingo lässt sich davon nicht beirren und hält schon Ausschau nach einem nächsten Opfer und das hat er auch gleich gefunden. Meinen armen Müscha, der grade sein Stativ auspackt. Dummerweise hat er auch sein Berlin T-Shirt an. Und schwupps hat Ingo einen Aufhänger und quatscht den armen Müscha zu.

Ingo total aus dem Häuschen: „Na, extra aus Berlin angereist und schon mal hier gewesen?“
Müscha gelangweilt und prägnant: „Nein!“
Ingo fast am Durchdrehen: „Schon mal so ein Feuerwerk fotografiert, da muss man ja bla sülz, bla...!“
Müscha völlog trocken: „Keine Ahnung, ausprobieren!“
Ingo sehr fordernd: „Naja, mal gucken wie das zur blauen Stunde, blablablabla, Langzeitbelichtung, blablablabla, Plätze tauschen, blablablabla...!“
Müscha total gelassen: „Ausprobieren!“

Ingo unser "passionierter" Fotograf möchte das natürlich auch zur Geltung bringen. Denn Müscha bleibt nicht sein einziges Opfer. Die weiteren 12 Stunden verlaufen eigentlich so ab, dass Ingo so ziemlich jeden mit einer besseren Kamera anquatscht und irgend einen Blödsinn erzählt und sich dabei extrem wichtig macht. Bianca grinst dabei nur und mummelt sich weiter dick in ihre Decken und Pullover. Ingo hingegen hätte mal zwischendurch eine ganze Tube Sonnencreme vertragen. Aber er hat wahrscheinlich eher am Laberwasser genippt und kennt keine Pausen.

Das schlimme, auch wenn man versucht wegzuhören, schnappt man immer wieder Schlagwörter auf und fasst sich nur an den Kopf. Ingo zu ignorieren fällt echt schwer.

Abgesehen von unserem "Bingo" Entertainment Programm füllen sich die Treppen mittlerweile und auch der Vorplatz füllt sich mit weiteren Touristen. Irgendwann setzt sich ein Pärchen aus England neben uns. Im Gegensatz zu Ingo und Bianca total sympathisch und ruhig. Durch die Kameras kommen wir mit der Dame ins Gespräch und was sie da erzählt, bringt mich innerlich fast zum Dahinschmelzen.

Sie erzählt, dass sie mit 62 Jahren noch einmal ein Studium mit Schwerpunkt Fotografie angefangen, weil sie in den letzten Jahren gemerkt hat, dass das ihr eigentlicher Lebensweg ist. Sie meint, ihr jetziger Job ist so stressig und powert sie so aus, dass sie noch einmal etwas anderes machen möchte. Aber das interessante daran. Sie meint, sie hätte viel früher auf ihr Herz und ihren Bauch hören sollen. Denn schon als sie jünger war, kristallisierte sich ihr großes Interesse für die Fotografie, jedoch blieb es immer ein Hobby. Erst jetzt Jahre später möchte sie den Versuch doch noch starten und eine kleine Galerie eröffnen.

Tja, da guck einer mal. Da sitzt der Ingo, der wahrscheinlich immer die geilste Technik am Start haben wird und die Frau aus England. Und innerlich denke ich, das muss ein Zeichen sein. Wie ein Spiegel, der einem vorgehalten wird. Und so weiß ich in diesem Augenblick noch mehr als denn je:

STAY IN LANE AND FOLLOW YOUR HEART. Und das egal, was andere sagen oder wie schwer dieser Weg wohl sein mag. Auch Müscha teile ich meine Gedanken gleich mit, dass das ein Omen ist und dass er bloß weiterhin auf sein Herz hören soll. Meine Unterstützung hat er auf jeden Fall, egal, was da komme.

Gegen 17.00 Uhr werden die Treppen dicht gemacht und es gibt kein Reinkommen mehr. Wer raus will, bekommt ein Bändchen, um zu signalisieren, dass er einen der begehrten Plätze sicher hat. Spätestens gegen 19.00 Uhr kocht die Stimmung und das eigentliche New Years Eve Entertainment Programm läuft und wir können zwischenzeitlich mal Ingo und Bianca vergessen. Auf das Gelände des Hafens wird zu diesem Zeitpunkt keiner mehr gelassen, denn so ziemlich jedes freie Plätzchen ist mit einem Menschlein ausgefüllt. Sensationell wie schnell das auf einmal ging.

Die Stimmung hier ist auf jeden Fall unglaublich. Alle sind fröhlich und es geht sehr gesittet zu. Dafür sorgen aber auch Security und Polizei, zudem ist es eine alkoholfreie Zone, so dass es hier wohl nicht unbedingt zu Ausschreitungen kommen wird. Ja so sind sie die Aussies alles, was halbwegs Spaß macht wie Trinken, Rauchen etc. ist hier grade verboten. So werden Müscha und ich auch mit einem Schluck Wasser anstoßen. :-) An und für sich kein Problem. Ich für meinen Teil hätte mir nur gerne Ingo erträglich getrunken, aber wahrscheinlich wäre das sowieso ein schwieriges Unterfangen geworden.

Nachdem wir durch eine Flugshow und angeleuchtete Schiffe in Stimmung gebracht wurden, folgt jetzt um 21.00 Uhr das erste Feuerwerk. Das "Kinderfeuerwerk". Alle fangen an zu kreischen und zu grölen und man kann die Freude in den Gesichtern der Menschenmassen sehen. Auch Müscha und ich starren zum Himmel und sind völlig verzaubert. Wenn das, das kleinere Feuerwerk sein soll wie wird dann nur das um 00.00 Uhr sein? Faszinierend wie sie die Oper und die Brücke in Szene setzen. Und vor allem, was sie da in die Luft schießen. Fette scheiße! Sorry, für die Aussprache, aber so ist es.

Als es vorbei ist, klatschen alle Menschen, pfeifen, kreischen und jolen. Außer Ingo. Ingo schreitet gleich zu Müscha und will ihm seine Bilder zeigen. Und dann folgt wieder eine Endlosschleife -Ingo. Na toll, armer Müscha. Müscha bleibt gelassen und schlängelt sich aus der Situation heraus. Ingo hat natürlich gleich wieder neue Opfer. Wieder zwei Schweizer. Oh mann!

Die nächsten drei Stunden vergingen eigentlich relativ schnell und so war es dann auch irgendwann soweit. Unsere Hintern und Rücken taten zwar mittlerweile ordentlich vom Sitzen auf den Steinstufen weh, aber was soll´s. „Denn bist du ein Lurch, dann musst du da durch!“

Tja und dann ging´s auch schon los. Alles sprang auf als der Countdown begann und die Stimmung kochte völlig über als es los ballerte. Und ich weiß gar nicht wie ich es genau beschreiben soll, aber so ein Feuerwerk haben wir beide noch nie zuvor gesehen. Schön fett, was die Jungs da installiert haben. Besonders die Brückeninstallationen waren der Oberhammer und sehr spektakulär. Zumal waren wir so dicht dran, dass alles verdammt riesig und mächtig vorkam. Besonders die letzten 5 Minuten waren so übermäßig cool, dass Müscha und ich mit offenen Mündern völlig sprachlos da standen. Der Himmel brannte quasi.

Nach ca. 15 Minuten war der Spaß vorbei und wir standen in einer Rauchwolke. Aber egal, alles freute sich und alle hatten so ein Leuchten in den Augen. Noch ein wenig standen wir etwas starr da, weil wir es gar nicht fassen konnten. Der Großteil der Menschen verabschiedetet sich aber schnell Richtung Bahn oder Ausgang, so dass sich der Platz relativ zügig leerte. Müscha und ich ließen die Situation erst einmal sacken und auf uns regnete es die Überreste des Spektakels.

Während wir da so standen, kam natürlich Ingo noch einmal rüber, um sich zu verabschieden, was ja erst einmal gar nicht so zu verübeln ist. Nach den Neujahrsbeglückwünschungen fragte er uns, wo wir hier eigentlich schlafen und wie lange wir noch bleiben würden und wir erzählten, dass wir mit der Bahn etwas außerhalb fahren müssten und uns leider schon am Ende unserer Reise befinden. Und nun kam Bianca ins Spiel. Die ganze Zeit war sie ruhig und ließ "ihrem" Ingo die Show, so dass er sich Profilieren konnte. Doch jetzt witterte sie ihre Chance.

Großkotzig erwiderte zuerst Ingo: „Also ich hab ja vorher im Internet recherchiert, welches Hotel am besten liegt und wo man von der Harbour Bridge hinlaufen kann. Darauf Bianca: „Damit wir es danach nicht so weit haben!“
Äh ja, wie schön für Euch, keine weiteren Details bitte. Aber jetzt kam Biancas richtiger Auftritt, nachdem wir erzählten, dass wir uns schon am Ende unserer Reise befinden: „Also wir starten ja jetzt erst unseren achtwöchigen beeeezaaahlllteeeen Urlaub.“ (fettes gehässiges Grinsen). Am liebsten hätte ich erwidert: „Wasn Biancalein war das dein Auftritt grade, um uns zu zeigen, wer zu Hause eigentlich die Hosen von euch beiden an hat? Und du jetzt deinen Ingo 8 Wochen für dich alleine hast und sagst wo es lang geht? Ach und Übrigens Herzchen, wir nehmen uns grade eine Auszeit von 3 Monaten und zudem unbezahlt. Krass oder?“

Gigantisch wie die kleine, vorher so unscheinbare Bianca da triumphierend vor uns stand. Ich war so geplättet von dieser gehässigen Art, dass ich es kaum fassen konnte. Die ganze Zeit ließ sie ihren Ingo wie einen wild gewordenen Schlumpf da rumspringen, um dann diesem Schauspiel mit einer einzigen Aussage die Krone aufzusetzen. Oh mein Gott, traurig traurig, aber wahr.

Wir setzten unserem Abend natürlich auch noch die Krone auf und wagten ein Tänzchen im Lichterspiel der Nacht. Auch wenn alles um uns herum mal wieder etwas komisch guckte.
Danach stürzten wir uns auch in die Menschenmassen, die sich zur Bahn schoben. Unglaublich diese Bilder. Menschentrauben, die sich den CBD lang wälzten. So etwas habe ich in dieser Form auch noch nie gesehen. Trotzdem muss ich sagen, dass alles total gesittet verlief. Auch wenn hier sicherlich Millionen von Menschen gerade unterwegs waren.

Sogar der Zug nach Rockdale war nicht überfüllt, so dass wir gleich den ersten zurück nehmen konnten und nicht einmal warten mussten. Mensch so schnell geht’s nicht einmal mehr zu Hause in Berlin. Da sind die S-Bahnen ja erst einmal schön verstopft und man muss warten.

Als ich in der Bahn saß, gingen mir immer wieder die gehässigen Worte von Bianca durch den Kopf. "Wir haben ja jetzt 8 Wochen bezahlten Urlaub!" Ja, na und, wenn sie sich ein ganzen Jahr frei nimmt, ist doch schön für sie. Aber muss sie es einem so gehässig erzählen? Die Arme schien außerhalb des "Bingo" Daseins nicht viel zu melden. Zu Hause den Ton angeben und unter Leuten im Schatten von Plaudermaul Ingo stehen.

Natürlich hätten mir die beiden völlig egal sein können, aber dieses "Bingo" ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Nicht, dass es mich belastete, aber ich fragte mich, was mit einem Menschen passieren muss, bis er so wird. Zumal mir dabei bewusst wurde, dass Ingo wahrscheinlich so ein krasses Mitteilungsbedürfnis hatte, weil er zu Hause einfach mal die Klappe halten mus und wahrscheinlich nichts zu lachen hat. Wahrscheinlich ist er auch der weitaus harmlosere Typ von beiden. Bianca hingegen scheint eine durchtriebene, kleine, garstige Frau zu sein, die ihren Mann außerhalb quatschen lässt, am Ende der Show aber noch einmal darstellt, wer eigentlich die "Hosen" an hat.
Bitte liebes Universum, bitte lieber Gott lass mich bitte niemals so werden! Nicht so verbittert und garstig!

In Rockdale angekommen, leuchtete uns unser Fucy schon von weitem den Weg und etwas verwundert schauten wir uns an und fragten uns, warum denn Licht aus den Fenstern leuchtet? Hatte man für uns das Licht angemacht, um uns willkommen zu heißen? Womöglich Einbrecher? Weder noch, wir beiden Kloppis hatten wohl heute morgen das Licht einfach vergessen auszumachen und so brannte es den ganzen Tag und die halbe Nacht. Na bloß gut, dass Fucy über zwei getrennte Batterien verfügt und wir jetzt nicht Angst haben mussten, dass das Auto nicht mehr anspringt.

Vorm Caravanpark war sogar noch immer unsere Parkniesche frei und alles klappte wie am Schnürchen. Wir sprangen noch einmal unter die Dusche und gingen total glücklich und zufrieden ins Camperbettchen. Das Kilometergeschruppe im Vorfeld, das 12 Stündige Warten, die Strapazen, die Rücken- und Poposchmerzen hatten sich wirklich gelohnt und es war eine sensationelle Nacht. Danke dafür!!!

01/01/2012 SONNTAG

Ein frohes neues und vor allem gesundes und glückliches Jahr 2012 an alle. Ach und: Mein Po tut weh...autschn!
Den heutigen Morgen bestritten wir sehr gelassen. Ausschlafen und frühstücken und währenddessen einen Plan basteln, was wir heute noch so anstellen könnten. Das mit dem Ausschlafen klappte schon einmal prima, auch wenn wir einmal wegen der starken Sonneneinstrahlung umparkten und uns in den Schatten verzogen.

Beim Frühstücken am Ramsgate Beach guckten wir den Flugzeugen beim landen und starten zu und versuchten uns einen halbwegs guten Plan zu schmieden. Nachdem wir ein wenig im Lonely Planet rumblätterten, kamen wir auf die Idee in die nicht weit entfernten Blue Mountains zu fahren. Davor wollten wir noch einen Abstecher in die Stadt unternehmen, weil wir noch eine spezielle Kameraeinstellung von der Harbour Bridge benötigten. Dafür mussten wir diesmal aber mit dem Auto in die Stadt.

Langsam machten wir uns also auf den Weg und uns selbst wieder einmal Stadtfein. Naja, so gut das halbwegs ging. Ich für meinen Teil fühlte mich als hätte ich die ganze Nacht geraucht und gesoffen und war noch etwas matschig im Kopf. Von was war mir jedoch ein Rätsel. Vielleicht hatten 6 Stunden direkte Sonneneinstrahlung ja den gleichen Effekt. Hinzu kam, dass ich lange nicht mehr nach 00.00 Uhr ins Bett gegangen war. Naja, was soll´s.

Müscha steuerte unseren Fucy erst einmal in den CBD und es war unfassbar, wie viele Menschen sich hier am Neujahrstag tummelten. Sogar Geschäfte waren offen und luden zum shoppen und schlendern ein. Wobei ein Schlendern fast unmöglich war, so viele Autos und Menschen quetschten sich hier durch die Straßen. Tja, und wir mitten drin. Aber wer Fotos will, der muss eben was wagen. Nachdem wir im CBD alles im Kasten hatten, ging´s jetzt natürlich auch noch einmal via Auto über die Harbour Bridge. Weil uns das noch nicht reichte, stellten wir unser Auto noch einmal auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke ab. In Kirribilli am Milsons Point. Lustigerweise fand man hier sogar kostenlose Parkmöglichkeiten. Und das obwohl so viel los war. Sonst bezahlt man ja horrende Parkgebühren.

Und auch wenn ich ziemlich faul und träge war, konnte mich Müscha zu einem Spaziergang überreden, so dass wir die Gegend am Wasser um Kirribili erkundeten. In Karribili hat man mit den besten Blick auf die Harbour Bridge, die Oper und die Skyline von Sydney und wahrscheinlich kosten Wohnungen hier ein Vermögen. Wir entdeckten viele kleine niedliche Nieschen und teilweise auch noch die Überreste von der vorherigen Silvesternacht. Also wer gute Spots sucht, ich kenn se jetzt alle.
Danach ging´s zurück und wir kraxelten jetzt selbst auf die Harbour Bridge. Das war sogar für uns Premiere, denn das hatten wir beim letzten Mal 2009 nicht gemacht.

Eigentlich wollten wir beide noch einmal zum Bondi Beach, aber da die Straßen so verdammt voll waren und sich teilweise nichts rührte, ahnten wir schon, dass Bondi völlig überfüllt sein würde und beließen es bei unserem ersten Besuch in 2009. Strand hatten wir ja sowieso die letzten Wochen eh zu genüge.

Erst gegen Abend zuckelten wir Richtung Blue Mountains. Dann vertrödelten wir noch ein wenig Zeit bei McDonalds und hatten es geschafft, dank Anlassens des Autolichts und des Radios, dass der Motor nicht mehr ansprang. Komischerweise blieben völlig relaxt und dachten uns, dass das schon wieder wird. Und siehe da, nach Ausschalten sämtlicher Technik und ein wenig Geduld, sprang der Motors nach 20 Minuten mit einem leichten Husten wieder an. Na bitte, kein Grund zur Aufregung.

Ca. 25 Kilometer vor Katoomba, ein Örtchen in den Blue Mountains, fanden wir eine akzeptable Rest Area. Zwar mit einem Acker voll tiefer Schlaglöcher mit ziemlicher Schieflage, aber nach ein wenig Suchen, fanden wir ein halbwegs ebenes Fleckchen. Ein wenig später als gedacht, ging´s in die Camperdefern und in 4 Stunden würde der Wecker schon wieder klingeln. Morgen stand mal wieder eine Fotosession auf dem Programm. Na denn gute Nacht!

2 Kommentare:

  1. Erstmal Happy New Year euch beiden Rumtreibern:-)
    Nach den sehr ausführlichen Ausführungen zu "Bingo" bin ich schon ein wenig entäuscht, keine Fotos von den beiden vorzufinden...:D Nein, Spaß beiseite....wie immer großartige Fotos und der Neidfaktor steigt. Viel Spaß weiterhin und passt auf euch auf! Greetz from PB...Shaty

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  2. ein foto ist dabei...aber sei froh, dass es keine fotodokumentation gibt...

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